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Fakten und Zahlen

Welche Art von Tierversuchen sollen ersetzt werden?

Die Petition legt den Fokus auf belastende Tierversuche. Es handelt sich um Versuche, bei denen die Tiere (teils grosse) Schmerzen haben, in Angst versetzt werden oder anderweitig leiden. Studien, die Tiere nicht belasten (z.B. reine Beobachtungsstudien), sollen nicht in den Ausstiegsplan aufgenommen werden. Sie müssen aber genauso wie alle anderen Studien eine hohe wissenschaftliche Qualität aufweisen und den Nachweis erbringen, dass die angestrebten Erkenntnisse gewonnen werden können.

Das Volk hat sich doch gegen ein Tierversuchsverbot ausgesprochen, warum jetzt schon wieder so eine Forderung?

Das Schweizer Stimmvolk hat sich gegen ein radikales Verbot von Tierversuchen ausgesprochen. Dieses Resultat darf jedoch nicht als generelles Ja zu Tierversuchen interpretiert werden, sondern ist auf die teilweise undifferenzierte Ausgestaltung der Initiative zurückzuführen. Besonders ein Punkt dürfte vielen Stimmbürger:innen zu weit gegangen sein: Die Initiant:innen forderten ein Importverbot für sämtliche Produkte, für die im Ausland weiterhin direkt oder indirekt Tierversuche durchgeführt worden wären. Wer dagegen stimmte, befürchtete wohl eine unsichere Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen. Hinzu kamen weitere Aspekte wie etwa die unklaren Voraussetzungen, unter denen die Erstanwendung von Medikamenten am Menschen bei einer Annahme der Initiative noch möglich gewesen wären, und die fehlende Unterscheidung zwischen belastenden und nicht belastenden Tierversuchen.

Während der Debatte rund um die Initiative haben sich jene Tierschutzorganisationen, die nun diese Petition lancieren, klar für einen anderen Weg ausgesprochen. Einen realistischen Weg, der sowohl die Forderung des Tierschutzes als auch die Anliegen von Wissenschaft und Industrie berücksichtigt. Und auch Rückhalt in der Bevölkerung geniesst. So haben sich in einer kürzlich durchgeführten repräsentativen Umfrage der Eurogroup for Animals 68 Prozent der Befragten dafür ausgesprochen, dass die Schweiz weltweit führend sein sollte, wenn es darum geht, Wissenschaft und Innovation ohne Tierversuche voranzutreiben. Mit anderen Worten: Das Nein zur Verbotsinitiative war kein Nein zu einer Schweiz ohne Tierversuche. Dieses Ziel sieht eine Mehrheit der Bevölkerung auch weiterhin als erstrebenswert an.

Was versteht man unter belastenden Tierversuchen?

Tierversuche in der Schweiz werden in vier verschiedene Belastungskategorien eingeteilt, die sogenannten Schweregrade 0 bis 3. Für jedes Tier muss im Versuchsvorhaben definiert werden, welchem Schweregrad es zuzuordnen ist.

Schweregrad 0: Es sind keine Belastungen für die Tiere zu erwarten. Dazu gehören z.B. zwei Blutentnahmen innerhalb von 14 Tagen bei Kaninchen oder reine Beobachtungsstudien. Darüber hinaus gilt aber auch das mit schmerzfreien und mit erlaubten Methoden durchgeführte Töten eines Tieres als Schweregrad 0.

Schweregrad 1: Es sind leichte Belastungen zu erwarten. Dazu zählen z.B. Hautbiopsien, Vasektomien (Unterbindung der männlichen Tiere) bei Mäusen und Ratten und die Fixierung eines Hundes im Hängegurt für vier Stunden.

Schweregrad 2: Es ist mit mittleren Belastungen für die Tiere zu rechnen. Beispielsweise sieben Tage Einzelhaltung ohne jeglichen Kontakt zu Artgenossen (auch ohne Hör- oder Sichtkontakt), Organtransplantation mit Verhinderung der Abstossung, im Schädel implantierte Elektroden und Rennen auf dem Laufband mit Elektrostimulation.

Schweregrad 3: Der Versuch führt zu schweren Belastungen. Beispiele dafür sind das Verpflanzen von aggressiven Tumoren, Rennen auf dem Laufband bis zur Erschöpfung, erzwungener Schwimmtest, Gelenktransplantationen oder Öffnung des Brustraums (Thorakotomie).

Wie viele Tiere werden in der Schweiz insgesamt im Rahmen von Tierversuchen gehalten?

Viele Menschen wissen, dass jedes Jahr Tausende Tiere in Labors sterben. Weniger bekannt ist hingegen, dass die Praxis der Tierversuche oft auch tödlich endet für Tiere, die gar nicht für Versuche genutzt werden – die sogenannten «Überschusstiere». Dieser Begriff bezieht sich auf Tiere, die zwar im Zusammenhang mit Tierversuchen gezüchtet, letztlich aber nicht in einem konkreten Forschungsprojekt eingesetzt werden. Wie kann das passieren?

In einem experimentellen Projekt sollten die Tiere häufig gleich alt und gleichgeschlechtlich sein. Zu alte Tiere und solche mit dem «falschen» Geschlecht werden üblicherweise getötet. Zusätzlich wird oft vermieden, Tiere aus demselben Wurf zu verwenden. Überzählige Geschwistertiere werden daher in der Regel ebenfalls getötet. Tiere können auch bestellt, aber letztlich nicht verwendet worden sein. Zahlreiche «Überschusstieren» entstehen auch bei der Zucht von gentechnisch veränderten Tieren, weil viele der gezüchteten Tiere die erwünschte gentechnische Veränderung nur teilweise oder gar nicht aufweisen. Aus der Statistik der Versuchstierhaltung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) geht hervor, dass 2021 in der Schweiz fast 1.3 Millionen Labortiere gezüchtet oder importiert wurden . Davon konnten rund 820‘000 Tiere nicht für Versuche verwendet werden. Die meisten von ihnen waren Überschusstiere und wurden getötet.

Wie viele Tiere werden in der Schweiz für Tierversuche genutzt?

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) veröffentlicht jedes Jahr eine Tierversuchsstatistik. Gemäss dieser wurden 2021 in der Schweiz über 570’000 Tiere verwendet. Die Zahl der Versuchstiere bewegt sich seit Jahren auf einem stabil hohen Niveau. Besonders besorgniserregend ist, dass 2021 im Vergleich zu 2020 über 30 Prozent mehr schwer belastende Tierversuche (Schweregrad 3; siehe «Was versteht man unter belastenden Tierversuchen?») durchgeführt wurden.

Wie viele Tiere werden in Tierversuchen belastet und wie stark?

Über 60 Prozent der 2021 in der Schweiz verwendeten Versuchstiere (ca. 360’000) wurden im Rahmen des jeweiligen Forschungsvorhabens Belastungen zugefügt. Rund 175’000 Tiere erlitten Belastungen des Schweregrads 1, knapp 160’000 Tiere Belastungen des Schweregrads 2. Belastungen des Schweregrads 3 – dem höchsten Schweregrad – waren über 25’000 Tiere ausgesetzt.

Was ist ein Ausstiegsplan?

Mit einem «Ausstiegsplan» oder einer «Ausstiegsstrategie» aus Tierversuchen ist hier gemeint:

  • ein Katalog von bestimmten Massnahmen,
  • die an bestimmte Meilensteine gebunden sind,
  • die auf ein bestimmtes Ziel hinführen, nämlich einen Wissenschaftsbetrieb ohne Schaden am Tier.

Ein wirksamer Ausstiegsplan zeichnet sich durch eine koordinierende Funktion aus. Er sollte verschiedene Akteur:innen zum gemeinsamen Handeln befähigen, Prozesse und Verantwortlichkeiten klären und die gegenseitige Kooperation absichern. Zudem ermöglicht er die Messung des Fortschritts und gegebenenfalls das Ergreifen von zusätzlichen Massnahmen. Darüber hinaus hilft ein konkreter Plan, die öffentliche Debatte über Tierversuche produktiver zu gestalten: Weg von der Diskussion «Tierversuche ja oder nein?», hin zu «Wie können wir das Ziel eines tierversuchsfreien Forschungsstandorts Schweiz erreichen?».

Haben andere Länder einen Ausstiegsplan?

Die Schweiz hinkt bei Alternativmethoden trotz des oft erwähnten «strengsten Tierschutzgesetzes der Welt» global hinterher. In verschiedenen Ländern ist die Diskussion über das Thema «Ausstieg aus dem Tierversuch» schon deutlich weiter fortgeschritten. So haben die USA für Toxizitätstests bereits ein Ausstiegsdatum festgesetzt: Bis 2035 sollen diese Versuche beendet und durch tierfreie Methoden ersetzt werden. Gleichzeitig werden die Gelder für die Erforschung von tierfreien Methoden erhöht. In Europa haben sich bislang die Niederlande zu einem Ausstiegsplan verpflichtet. Doch in ganz Europa findet ein Umdenken statt: 2021 hatte das Europäische Parlament fast einstimmig eine Resolution verabschiedet, mit der die EU-Kommission aufgefordert wurde, einen Aktionsplan zum Ausstieg aus Tierversuchen vorzulegen. Die EU-Kommission hat diese Forderung in ihrer Antwort jedoch weitgehend ignoriert. Im Januar 2023 wurde allerdings eine europäische Bürgerinitiative mit über 1.2 Millionen Unterschriften eingereicht, die sich an die EU-Kommission richtet. Darin wird nebst einem endgültigen Tierversuchsverbot für Kosmetika auch ein Ausstiegsplan verlangt.

Tierversuche werden global geregelt. Wie kann die kleine Schweiz etwas bewirken?

Die Debatte um einen Ausstieg aus Tierversuchen wird auch in anderen Ländern geführt. Dort ist die Diskussion teilweise weiter fortgeschritten als hierzulande (siehe «Haben andere Länder einen Ausstiegsplan?»). Mit ihrem Innovationspotenzial hätte die Schweiz die Chance, diese internationalen Bemühungen massgeblich voranzutreiben und gemeinsam mit den betreffenden Staaten eine Vorbildfunktion einzunehmen. Damit könnte sie auch weltweit einen bedeutenden Beitrag zur Abkehr vom Tierversuch leisten.

Wird die Forschung ins Ausland abwandern, wenn in der Schweiz ein Ausstiegsplan aus belastenden Tierversuchen beschlossen wird?

Gewisse Tierforschungsprojekte, die auf veralteten Methoden gründen, werden in Zukunft möglicherweise weiterhin im Ausland durchgeführt. Die Schweiz soll hingegen eine innovative Forschungsplattform mit Wachstumspotenzial bieten, die mit modernsten Methoden arbeitet. Nur so kann ein zukunftsorientierter Forschungsstandort geschaffen werden.

Darüber hinaus kann ein solcher Forschungsstandort auch den Effekt haben, dass Wissenschaftler:innen durch die hiesigen Forschungsbedingungen angezogen werden und ihre Projekte bevorzugt in der Schweiz durchführen.

Wie kann es medizinischen Fortschritt geben ohne Tierversuche?

In den vergangenen Jahren hat die tierfreie Forschung trotz marginaler Fördermittel bemerkenswerte Fortschritte erzielt. In-vitro-Modelle (im Reagenzglas) und In-silico-Modelle (im Computer) werden immer komplexer: Dreidimensionale Zellkulturen, Mini-Organe (sogenannte Organoide) und Multi-Organ-Chips mit menschlichen Zellen werden stetig weiterentwickelt (z.B. https://www.nature.com/articles/s43586-022-00118-6). Der grosse Vorteil solcher Modelle liegt in der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen: Wirkungen und Nebenwirkungen neuer Medikamente können an menschlichen Zellen viel genauer vorhergesagt werden (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/agt2.197). Dies spart Zeit und Geld. Gemäss Schätzungen könnten mit diesen Methoden bis zu 80 Prozent  der Tierversuche ersetzt werden (https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/multi-organ-chip-soll-medikamententests-sicherer-machen-2113.php). Darüber hinaus können humanbasierte Modelle nicht nur allgemeine Erkenntnisse über die menschliche Gesundheit liefern, sondern sie werden zunehmend auch in der personalisierten Medizin eingesetzt.

Zurzeit werden grosse Mengen an Fördergeldern (meist Steuergelder) in die tierversuchsbasierte Forschung geleitet, aber kaum Gelder für die Erforschung und Weiterentwicklung von tierfreien Methoden gesprochen.

In der Schweiz gilt das 3R Prinzip – warum ist ein Ausstiegsplan trotzdem nötig?

Das 3R-Prinzip bezieht sich auf den Umgang mit Versuchstieren in der biomedizinischen Forschung. Es hat sich als wissenschaftliche Leitlinie etabliert und ist in zahlreichen nationalen Gesetzgebungen integriert. So auch in der Schweiz. Die 3R stehen für:

Replace (Ersetzen): Lebende und fühlende Versuchstiere sollen so weit wie möglich durch nicht empfindungsfähige Materie ersetzt werden.

Reduce (Verringern): Das angestrebte Versuchsziel soll mit so wenig Tieren wie möglich erreicht werden.

Refine (Verfeinern): Die verwendeten Versuchstiere sollen so schonend wie möglich behandelt werden. Dies bezieht sich auf das gesamte Leben des Tieres: Zucht, Transport, Haltung, Versuch und gegebenenfalls auch Tötung.

Das 3R-Konzept wird seit Jahrzehnten prominent diskutiert und spielt in der Bewilligung von Tierversuchen eine zentrale Rolle. Doch die Forderung, dass man die Gesamtreduktion der Tierversuche strategisch angeht, ist erst allmählich im Kommen. Warum erst jetzt?

Ein Grund könnte sein, dass die akademische Debatte nicht an langfristigen Zielen interessiert war. Beispielsweise fokussierte sich die Diskussion in der Ethik auf die Bedingungen, unter denen Tierversuche moralisch vertretbar sind – falls sie es jemals sind. Man konzentrierte sich damit auf das Hier und Jetzt, ohne die Perspektive der Zukunftsplanung einzunehmen.

Tierversuche wurden also meist nicht als eine moralische Krise verstanden, aus der wir uns so schnell wie möglich herausmanövrieren müssen, sondern eher als ein berechtigtes Instrument, dessen Einsatz es gesetzlich zu regulieren galt. Man könnte das eine «regulatorische» Perspektive auf Tierversuche nennen, im Gegensatz zu einer «transitionalen» Perspektive, die auf langfristige Veränderungen abzielt. Die 3R und ihre diversen Erweiterungen – 3V, 4R, 5R, 6R, 6 Prinzipien – sind gleichzeitig ein Resultat und ein Treiber dieser regulatorischen Perspektive, denn sie fungieren hauptsächlich als Prinzipien für die Bewilligung von Tierversuchen. Einen langfristigen Plan verkörpern sie nicht.

Das gilt auch für das oft missverstandene «Reduce»-Prinzip. Es verlangt nicht die Reduktion der gesamthaft durchgeführten Tierversuche, sondern die Reduktion der Anzahl Tiere pro Studie. Das bedeutet: Man kann die 3R einhalten und dennoch stagnierende oder sogar steigende Tierversuchszahlen haben. Das kann z.B. der Fall sein, wenn sich die Forschung intensiviert oder vermehrt Forschungsfragen bearbeitet werden, die ohne Tierversuch allen Anstrengungen zum Trotz (noch) nicht zu beantworten sind. Die 3R-Prinzipien alleine führen also nicht auf ein bestimmtes Ziel hin, geschweige denn zu einer Wissenschaft ohne Schaden am Tier.

Seit langem besteht die Hoffnung, dass die 3R eines Tages zum vollständigen Ende aller Tierversuche führen, obwohl in den 3R-Prinzipien Tierversuche als Methode nicht hinterfragt werden. Der Präsident der Organisation Universities Federation for Animal Welfare (UFAW) beauftragte die Wissenschaftler William Russell und Rex Burch in den 1950er-Jahren mit der Veröffentlichung der «Principles of Humane Experimental Technique», auf die das 3R-Prinzip zurückgeht. Er sagte 1966: «[…] we must grapple with the paradox that nothing but research on animals will provide us with the knowledge that will make it possible for us, one day, to dispense with the use of them altogether». Die langfristige Vision einer Wissenschaft ohne Tierleid war hier durchaus vorhanden. Doch Russell und Burch nahmen diese nicht in ihr Konzept auf.

Die falsche Annahme, dass die 3R ein zielgerichtetes Ausstiegsprogramm verkörpern, führt aber auch zu Frustration über die 3R. Immerhin gibt es heute unzählige 3R-Programme in verschiedenen Ländern, in der Schweiz insbesondere das 3R-Kompetenzzentrum (3RCC) und mittlerweile auch das Nationale Forschungsprogramm (NFP) 79 «Advancing 3R». Aber wie in vielen Ländern führen Implementation und Innovation im 3R-Bereich nicht zu einer Abnahme der Tierversuche insgesamt, auch nicht der belastenden Tierversuche. Deswegen wird oft behauptet, dass das 3R-Konzept sein eigenes Ziel verfehle und dass Ausstiegsplanung als ergänzende Massnahme nötig sei.

Doch das unterschätzt die Bedeutung der Ausstiegsplanung. Denn das 3R-Konzept verfolgt kein langfristiges Ziel und hat keine Meilensteine, es fordert nur eine stetige Verbesserung. Ausstiegsplanung ist also nicht bloss eine Ergänzung der 3R, sondern ein fundamental anderes Modell für die gesetzliche Handhabung von Tierversuchen.

Gibt es nicht bereits eine gesetzliche Grundlage für die Anwendung von Alternativmethoden?

Es ist richtig, dass Forschende in ihrem Tierversuchsantrag schon heute belegen müssen, dass für ihre Fragestellung keine tierfreien Methoden existieren. Doch in der Praxis gibt es viele Gründe, weshalb nach wie vor häufig auf das Tier als Forschungsobjekt zurückgegriffen wird.

  • Ausbildung der Forschenden: In der Ausbildung der biomedizinischen Studiengänge werden tierfreie Methoden kaum gelehrt. Die Studierenden lernen meist das Tiermodell als Goldstandard kennen, während Alternativmethoden keine Priorität haben.
  • Komplexität des Organismus: Oft wird in Tierversuchsanträgen argumentiert, dass sich die zu untersuchende Wirkung nur am vollständigen Körper überprüfen lasse und deshalb nicht oder nicht ausschliesslich auf tierfreie Alternativen zurückgegriffen werden könne. Häufig werden komplexe Alternativmethoden – wie beispielsweise ein Organs-on-a-chip-Modell mit menschlichen Zellen – nicht in Erwägung gezogen.
  • Tradition bei den Forschenden: In wissenschaftlichen Publikationen werden die Ergebnisse und Schlussfolgerungen meist mit vorangegangenen Studien verglichen. Deshalb wird häufig für Tierversuche plädiert, damit die Vergleichbarkeit gegeben ist.
  • Fördergelder: Der Schweizer Nationalfond (SNF) erachtet Tierversuche als «elementaren Bestandteil der biomedizinischen Forschung» und fördert daher Tierversuche im grossen Stil (https://www.snf.ch/media/de/8c8zaWjPWFlsDoN5/FactSheet-Tierversuche-D.pdf).
  • Teilweise werden Tierversuche von forschungsfördernden Institutionen als Voraussetzung für eine Unterstützung verlangt.
  • Wissenstransfer: Die beste Alternativmethode ist unnütz, wenn sie niemand kennt. Deshalb ist der Wissenstransfer über tierfreie Methoden enorm wichtig. Obwohl es wissenschaftliche Zeitschriften wie Altex gibt, die eine wichtige Rolle bei der Verbreitung dieser Methoden spielen, ist das entsprechende Wissen in der Forschergemeinschaft nicht ausreichend verbreitet.
  • Internationale und nationale Regulatorien: Teilweise werden Tierversuche durch gesetzliche Vorgaben und Richtlinien verlangt (z.B. bei der Wirkstoffprüfung). Der Ersatz solcher regulatorischen Versuche durch tierfreie Verfahren kommt nur sehr schleppend voran. Ein Grund dafür sind unter anderem die sehr hohen Validierungskriterien für Alternativmethoden.
Was ist mit Überprüfung des Nutzens der Forschung gemeint?

Der Bund hat die Pflicht, die Qualität der Schweizer Hochschulforschung sicherzustellen. Dazu kann er Fördermittel für die Forschung an bestimmte Bedingungen knüpfen. Eine zuverlässige Qualitätssicherung setzt auch eine rückwirkende Überprüfung der Forschungsprojekte voraus (regelmässige Erfolgskontrollen, ob der in Aussicht gestellte Erkenntnisgewinn tatsächlich erreicht wurde). Eine solche verbindliche Nutzenbewertung fehlt bisher bei Tierversuchen und soll in Zukunft eingeführt werden.